Für Reiserücktrittsversicherung zählt das Ausdrucken der Bordkarte nicht als Reiseantritt
Mit einer Reisebuchung geht man einen Vertrag ein, der von beiden Seiten erfüllt werden muss. Kommt nun bis zum Reiseantritt etwas Unerwartetes dazwischen, kann dies dazu führen, dass man die gebuchte Reise nicht antreten kann – man tritt von der Reise zurück. Allerdings wird der Reisepreis, zumindest aber Stornierungskosten, trotzdem fällig. Eine Reiserücktrittsversicherung übernimmt diese Kosten, wenn die Reise aufgrund eines versicherten Ereignisses abgesagt werden muß.
Wenn man nicht im Besitz einer Jahres-Reiseversicherung ist, bucht man eine Reiserücktrittsversicherung sinnvollerweise zeitgleich mit bzw. zeitnah nach der Reisebuchung, denn ab diesem Zeitpunkt können die Reise verhindernde Ereignisse eintreten. Dann genießt man Versicherungsschutz für den Reiserücktritt bis zum Antritt der Reise. Allerdings auch nicht länger, denn anschließend, also nach dem Reiseantritt, kann man nicht mehr von eine Reise zurücktreten, jetzt ist nur noch ein Reiseabbruch möglich. In diesem Fall deckt eine Reiseabbruchversicherung den Schaden ab.
Wann aber ist nun der genaue Zeitpunkt eines Reiseantritts?
Um genau diese Frage ging es in einem verhandelten Fall vor dem Amtsgericht Bremen. Ein Ehepaar hatte online eine Urlaubsreise gebucht und zur Absicherung eine Reiserücktrittsversicherung abgeschlossen. Man freute sich auf die Reise und druckte am heimischen PC bereits sehr frühzeitig die Bordkarten für den Flug aus. Zu der Flugreise sollte es aber leider nicht kommen, da rund 4 Wochen vor Reisebeginn die Ehefrau erkrankte und die Reise storniert werden mußte.
Der Reiseversicherer wurde umgehend davon in Kenntnis gesetzt und um Schadensregulierung gebeten. Die Übernahme der Stornokosten wurde durch die Versicherung jedoch verweigert. Zur Begründung teilte die Versicherung mit, dass die Leistungspflicht entfällt, da die Eheleute bereits die Bordkarten ausgedruckt haben und so zu diesem Zeitpunkt bereits vor der Erkrankung der Frau die Reise im versicherungsrechtlichen Sinne angetreten gewesen ist.
Dieser Auffassung folgte das Gericht jedoch nicht. Dadurch, dass die AGB der Fluggesellschaft verlangen, dass die Bordkarte vom Flugreisenden im Vorfeld auszudrucken ist, ist dieser Zeitpunkt völlig zufällig und kann versicherungsrechtlich nicht als Antritt der Reise gewertet werden. Der Schutz durch die Reiserücktrittskostenversicherung gilt somit bis zum tatsächlichen Antritt der Reise und das ist der Zeitpunkt, zu dem sich Reisende auf dem Flughafen einfinden, das Reisegepäck einchecken und die selbst ausgedruckte Bordkarte am Schalter vorlegen oder am Schalter die Bordkarte von der Fluggesellschaft erhalten.
Amtsgericht Bremen, Aktenzeichen: 10 C 508 / 12